Ausschnitt aus der Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum des MVL geschrieben von Helmut Stricker
Aus der Chronik des Musikvereins
Zu Beginn des Jahres 1920 fanden sich einige junge musikalische Männer zusammen, um Blasmusik zu erlernen. An einem sonnigen Frühlingstag erklang erstmals das Lied „Im schönsten Wiesengrunde“ von den Höhen des Häldenwaldes über die Au ins Dorf. Dieses Ereignis gab den Anstoß zur Gründung einer Kapelle.
Als Gründungstag gilt der 7. April 1920. […] Gottlob Kuch wurde Dirigent.
In einem kleinen Raum des alten Rathauses (Partie-Stübchen) wurden die ersten Proben abgehalten. Monate später wurde im damaligen neuen Schulhaus geprobt. Schon am 1. Juni 1920 wagten sich die jungen Spieler an die Öffentlichkeit. Schultheiß Stricker kam als erster in den Genuß eines Ständchens. Die kurze Zeitspanne zwischen Gründung und dem ersten öffentlichen Auftreten beweist, daß diese Musiker mit einer kaum zu überbietenden Begeisterung und viel Idealismus bei der Sache waren. Viele Instrumente konnten durch freiwillige Spenden der Spieler beschafft werden. Die Einwohner wurden erfreut durch frohe und besinnliche Weisen bei Verlobungen, Hochzeiten, Geburtstagen und bei Konzerten. Man begnügte sich mit freiwilligen Gaben. Die Kirchenbesucher hörten die junge Kapelle an den Festtagen. Trauermusik erklang, wenn Verstorbene zur letzten Ruhe geleitet wurden. Am Ostermorgen und an Weihnachten spielte die Kapelle an verschiedenen Plätzen des Dorfes Choräle bzw. Weihnachtslieder. Das Neujahr begann um Mitternacht mit Choralmusik.
[…] Schon im Mai 1924 stellten sich die Musiker einem Preisgericht anläßlich eines Musikfestes in Benningen, Kr. Marbach. Der Vortrag der Phantasie „In der Heimat ist es schön“ wurde mit einem I B-Preis und einem silbernen Becher belohnt. […]
Das erste eigene Musikfest fand am 10. Mai 1931 statt. Wolkenbruchartige Regenfälle und die dadurch bedingte Überschwennug des Festplatzes 3 Tage zuvor schienen das Fest in Frage zu stellen. Aber die Tatkraft und der Optimismus der Mitglieder wirkten Wunder. Das Wasser, das 30 cm hoch auf dem Festplatz stand wurde mit Spaten, Hacken und Schaufeln und eiserner Energie abgeleitet. […] Es war ein großartiges Fest. Die Bevölkerung hatte das Dorf durch Birken, Girlanden und bunte Fähnchen in ein Schmuckkästchen verwandelt. Schmetternde Trompetenklänge der Tagwache weckten die Einwohner um 5 Uhr morgens. Es hat alles ausgezeichnet geklappt: Die Marschmusik durchs Dorf, die Massenchöre und die Einzelvorträge der Kapellen auf dem Festplatz. Man sah nur zufriedene Gesichter. […]
Am 6. Jan 1932 wurde das neue Probelokal im Kirchle eingeweiht. 6 Tage lang hatten die Mitglieder unentgeltlich gearbeitet, um eine Decke einzuziehen. Der Turnverein hatte vorher schon einen Holzboden gelegt. Die Akustik war sehr gut. Damals war man noch anspruchsloser als heute. […] Man nahm Abschied vom Kirchle, als im Jahr 1963 das neue Schulhaus eingeweiht wurde. Seitdem finden die Proben im Werkraum statt.
Im Jahr 1936 übernahm Gottlob Gäbele die Leitung des Vereins. Friedrich Rössler löste Hugo Gehring als Schriftführer und Kassier ab.
In den Jahren 1936 und 1937 war der Musikverein noch sehr oft in der Öffentlichkeit zu hören. […] Aber in den nun folgenden Jahren schien sich eine Krise anzubahnen. Der Zusammenhalt lockerte sich. […] Im Probelokal waren polnische Kriegsgefangene untergebracht. […] Die traurige Bilanz des Krieges: Sechs Mitglieder ließen ihr Leben im Krieg. […] Vier Mitglieder waren noch in Gefangenschaft. […]
Am 10. Dezember 1947 lud der 1. Vorsitzende Gottlob Gäbele die Musiker zu einem Ausspracheabend ein. 15 Mitglieder waren anwesend. Einstimmig wurde beschlossen, den Musikverein weiterzuführen und sofort mit den Proben zu beginnen. Nach mehrjähriger Unterbrechung erklangen am 17. Dezember 1947 in Langenbeutingen wieder Weihnachtslieder. […] Die Wunden des Krieges verheilten. Man hatte wieder Mut gefaßt. Ausdruck dieser optimistischen Haltung waren die alljährlichen Feste. Besonders die Waldfeste hatten eine besondere Anziehungskraft und stärkten die Kasse, so daß alte Instrumente durch neue ersetzt werden konnten.
[…] Dirigent Gottlob Kuch konnte auf eine 30jährige Dirigententätigkeit zurückblicken. Er legte sein Amt in jüngere Hände. Kurze Zeit dirigierte Josef Müller, dann übernahm Oberlehrer Helmut Stricker die musikalische Leitung. […]
Die Kapelle brauchte dringend junge, musikbegabte Leute. Das Durchschnittsalter betrug 45 Jahre. Man erwartete, der neue Dirigent werde die Verjüngung der Kapelle energisch vorantreiben. Die Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Nach dreijähriger Aufbauarbeit zeigten sich die ersten Früchte. Mit 20 Jungmusikern beteiligte sich der Verein im Jahre 1954 am Berzirksjugendmusiktreffen in Obereisesheim.